Andacht am Sonntag 25.4.2021 mit Katharina Peter

Textfassung der Andacht am 4. Sonntag in der Osterzeit mit Prädikantin Katharina Peter

Zum Gottesdienst am  Sonntag Jubilate begrüße ich sie mit dem Wochenspruch:                                                                    „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.“

Wir feiern unseren Gottesdienst heute am Sonntag, Jubilate:                                                                                im Namen Gottes, der unser Vater ist, im Namen des Sohnes, der uns zur Nachfolge ruft, im Namen des Heiligen Geistes, der uns stärkt auf unserem Weg. Amen 

Wir beten mit Worten aus Psalm 104                                        
Preise den Herrn, meine Seele! 

Preise den Herrn, meine Seele! Halleluja! 

Mit dem Glaubensbekenntnis nach Dietrich Bonhoeffer bekennen wir unseren Glauben:                                             

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. 

Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.  In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. 

Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten. 

Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet. Amen   

Lied: EG 107 Wir danken dir, Herr Jesu Christ,

Predigt:

Der Predigttext für den Sonntag Jubilate steht bei Johannes im Kapitel 15, Verse 1 bis 8:

„Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg; und eine jede, die Frucht bringt, reinigt er, dass sie mehr Frucht bringe. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht an mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt die Reben und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.“

Der Friede Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen an diesem Morgen.

Mindestens vier Schritte zum nächsten Fußgänger mit einer Maske. Das selbstgenähte Stück Stoff, das Mund und Nase bedeckt, ist zum Symbol der Corona-Krise geworden. Masken verhindern die Verbreitung der Viren, aber sie verbergen auch Gesichter, manchmal erkenne ich die Nachbarn nicht mehr. Passanten auf der Straße vermeiden es, dem Freund, den sie treffen, die Hand zu schütteln. Gemeinschaft besteht darin, Gemeinschaft zu vermeiden. Wie die Maske zum Symbol des Abstands geworden ist, so nehmen Jesu Weinworte den Glaubenden jeden Abstand. Der Prediger aus Nazareth hat Weinstöcke, -trauben und den Wein selbst zum Symbol christlicher Zusammenseins gemacht. Reden wir also über Jesu, mit Aussicht auf die Ewigkeit.

Liebe Gemeinde, wie viele  Traubenliebhaber freue ich mich auf den September, wenn  zum ersten Mal frische Trauben aus der Region angeboten werden oder in  der Pfalz Stände an den Hofeinfahrten mit verschiedenen Sorten Federweißem angeboten werden.

Federweißer schmeckt vor allem süß, und man braucht keine Geduld oder Abwarten bis zum Genuss. Paulus mahnt in seinen Briefen zu einem gemäßigten Umgang mit dem Wein.                                                                                                   Die regionale deutsche Weinkarte lässt sich grenzenlos erweitern, aus Griechenland bis an den östlichen Rand des Mittelmeers und über Europa hinaus nach Israel.  In diesem kleinen Land wird heute wie schon vor Jahrtausenden (Rot-)Wein angebaut.                                                                          Wenn Jesus von Weinstöcken und Reben spricht, dann bettet er sich in eine größere Tradition ein. Im alten Israel bauten die Menschen Wein an, tranken ihn und sahen in ihm ein besonderes Bild. Im Wein liegt die besondere Wahrheit des Glaubens. Schon für den Psalmendichter gehörte der Wein zusammen mit Brot und Olivenöl zu den unverzichtbaren Nahrungsmitteln, die in guter Qualität das Herz des Menschen erfreuen (Ps 104,15). Und im fünften Buch Mose werden die sieben Früchte der Thora aufgezählt, auf die Israel nicht verzichten kann: Weizen, Gerste, Weintrauben, Feigen, Granatäpfel, Oliven und Datteln. Das Alte Testament erzählt in Gleichnissen davon, dass Gott sich um das Volk Israel kümmert wie ein Winzer um seinen Weinberg. Für Jesus von Nazareth war der Wein wie für alle Menschen des antiken Israel ein Symbol des Friedens. Nur in Friedenszeiten hatten die Menschen Geduld und Ruhe, Rebstöcke zu kultivieren, Trauben zu lesen und zu keltern, den Saft gären zu lassen und in Krüge, Schläuche und Amphoren abzufüllen.

Das erste und wichtigste Wunder, das Jesus im Johannesevangelium vollbringt, gilt dem fehlenden Wein bei der Hochzeit zu Kana (Joh 2,1-12). Bei der Hochzeit zu Kana wundern sich die Gäste, wieso der beste Wein erst am Ende der Feier serviert wird. Und Maria wundert sich über ihren Sohn, der dieses Wunder mit einer Selbstverständlichkeit und Gelassenheit vollbringt. 

Wein kann für Wunder begeistern. Wein regt an  Jesus spricht in Bildern und Vergleichen, die seinen Zuhörern  sehr vertraut waren. Wein bedeutet Frieden, Wachstum, Genuss und Wohlstand. Wein ist Segen. Wenn ein Prophet vom Weinberg redete, so meinte er oft das Volk Israel. Als Winzer oder Weingärtner liest Gott selbst die Trauben von den Reben, die er einmal gepflanzt hat. 

Der wahre Weingärtner oder Winzer ist mein Vater, sagt Jesus. Er kümmert sich, beachtet  jeden einzelnen Weinstock. Er lockert den Boden auf, jätet Unkraut, reißt die  alten Weinstöcke aus und pflanzt neue. Gott ist wie ein Weingärtner, der seine Schöpfung pflegt. Gott sorgt – auch in Corona-Zeiten – für diese Welt, seine Schöpfung. Er lässt kranke, isolierte, ängstliche Menschen nicht allein. Gott verlässt seine Schöpfung nicht. Er hält sich an seine Verheißungen und Versprechungen. Ein Weinberg benötigt das ganze Jahr über Pflege. Im biblischen Israel galt der Weinstock deswegen als Pflanze des Friedens. Wer zu allen  Jahreszeiten mit seinen Weinbergen beschäftigt war, der besaß weder Zeit noch Kraft, um in den Krieg zu ziehen Nach einer Wüstenwanderung von vierzig Jahren waren die Männer und Frauen Israels ermüdet.  

Mose schickte Kundschafter aus, die jenseits des Jordans die Lage sichten sollten. Sie kehrten  mit Weintrauben zurück. Ich erinnere mich noch, wie sehr ich als Kind von dem Bild fasziniert war, das in der Schulkinderbibel zu dieser Geschichte abgedruckt war: Zwei der zurückkehrenden Kundschafter tragen schwer an Stangen, an denen eine einzige riesige Weintraube hing. Wer in Frieden lebt, der kann sich freuen und jubeln. Das Volk Israel jubelt, weil es endlich an seinem Ziel, dem gelobten Land Kanaan angekommen ist. Auch die Jünger freuen sich, weil sie seit einiger Zeit zusammen mit Jesus durch Galiläa gewandert sind.                                                                   

Heute stehen wir mit Masken auf Abstand und können uns nicht einmal die Hand zum Friedensgruß reichen. Jubilate heißt der heutige Sonntag: Freut euch. Die Freude gilt dem auferstandenen Jesus. Die Verbindung von Wein, Freude und Frieden erschließt sich nicht von selbst und nicht auf den ersten Blick. Die Griechen verbanden den Wein mit dem Gott des Dionysos. Für Friedrich Hölderlin, dessen 250.Geburtstag wir in diesem Jahr feiern, fielen der griechische Dionysos und der auferstandene Christus zusammen. Er sprach in seiner Hymne „Brot und Wein“ von dem „kommenden Gott“, auf den die Menschheit wartet. Die Worte über Wein und Reben, die Jesus im Predigttext spricht, gehören zu den Abschiedsreden des Johannesevangeliums. Der Evangelist, für den der Adler als Zeichen steht, wollte seine Gemeinde trösten. Der auferstandene Christus war gleichzeitig ein abwesender Christus. Abwesenheit sollte durch Verbindung, Freude und Jubel überbrückt werden, so lange, bis mit dem kommenden, wiederkehrenden Christus Gottes Reich anbricht.

Was die Verbindung zwischen Jesus und der Gemeinde ausmacht, ist die Liebe Gottes, von der Jesus so nachhaltig und eindrücklich gesprochen hat. : „Bleibt in mir und ich in euch.“ Das ist die wichtigste Bestimmung des Glaubens und des Christseins: In der Liebe Jesu bleiben. Wo die Liebe Jesu Christi ist, ist Gemeinschaft Diese Gemeinschaft und dieses Vertrauen übersteigen alle Pläne.                                                                  

In der Liebe Jesu bleiben, das kann unterschiedliches bedeuten: Ich versuche, Streit zu überwinden und alte Konflikte beizulegen. Ich will versöhnen, anstatt unbedingt Recht haben. Ich bestehe nicht auf meiner Wahrheit, sondern gehe auf Interessen und Ziele der Anderen ein. Ich spreche mit jemandem, dem ich vorher aus dem Weg gegangen bin, weil er mir unsympathisch war. Ich behalte nicht alles für mich, sondern ich kann weitergeben und teilen. Ich sehe den anderen Menschen, dem ich später wieder die Hand geben werde, mit dem ich spreche. Glaube stiftet eine dauerhafte Beziehung zu Jesus. Solch eine Beziehung hat immer zwei Seiten. Auf der Seite von Jesus bleibt diese Beziehung konstant: Jesus wartet auf uns,  der Gekreuzigte und Auferstandene, derjenige, der für uns Menschen alles getan hat, was zu einem Leben in Vertrauen und Gewissheit wichtig ist. Wir Menschen bewegen uns manchmal aus dieser Beziehung heraus, von Gottes Barmherzigkeit. Auch das gehört zum Leben: Zweifel am Glauben, Zweifel an Gott, aber auch Zweifel an sich selbst. Aus dem Johannesevangelium lernen wir: Für die Rückkehr zum Vertrauen, für die Rückkehr zu dieser Beziehung ist es nie zu spät. Bei aller Distanz, die wir aus guten medizinischen Gründen sinnvoll halten müssen, bleibt die Gewissheit, dass die Liebe Jesu zu den Menschen nicht aufgehoben werden kann.                                                                             
Der Friede Gottes der höher ist als all unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinnen      Amen

Lied: EG 171 Bewahre uns Gott, behüte uns Gott

Gebet

VATER UNSER

Segen:

Segne Gott diesen Tag, dass mein Herz fröhlich wird. 
Segne alle guten Gedanken die uns bewegen, und alle Träume die aus der Tiefe aufsteigen, damit sie mir auch im Alltag weiter helfen.
So segne und behüte euch Gott der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen